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Tut Lob wirklich gut?

Im letzten Jahr habe ich irgendwann einmal etwas über den Umgang mit Kritikern geschrieben. Aber wie ist das eigentlich mit Lob?

Wenn ich Kindergartenteams evaluiere, warne ich die Fachkräfte davor, die Kinder zu häufig zu loben. Vor allem die vielen Einwort-Slogans „Super! Toll!“ tun Kindern nicht gut, denn sie beziehen sich nicht auf das, was das Kind gerade getan hat, sondern stellen eher einen Bezug zur ganzen Persönlichkeit her. Das Kind zeigt mir sein Bild – und mit „Super!“ vermittle ich ihm dann, dass es selbst ein Super!-Mensch ist. Das führt dazu, dass Kinder sich diesen Super!-Stempel abholen und einen guten Eindruck machen wollen. Und dass sie sich deshalb seltener an wirkliche Herausforderungen heranwagen, weil sie den guten Eindruck nicht zerstören wollen. „Super!“-Lob schwächt Kinder also eher, als dass es sie stärkt.

Weiter gibt es häufig Lob für Selbstverständlichkeiten. Das Kind wirft sein Taschentuch in den Mülleimer und kriegt ein riesiges „SUPER!“ dafür. Das vermittelt dem Kind den Eindruck, dass es etwas ganz und gar Ungewöhnliches geleistet hat – und schwächt es damit in seinem Gefühl selbstverständlicher Selbstwirksamkeit.

Soll man Kinder also gar nicht loben? Je länger ich darüber nachdenke, um so mehr glaube ich, dass „Lob“ tatsächlich nicht gut ist. Aber vielleicht habe ich auch nur mit dem Wort an sich meine Probleme. Positive, unterstützende, stärkende Rückmeldungen sollen natürlich auf jeden Fall sein. Aber wie kann das aussehen?

  • Ich kann mein eigenes Berührtsein aussprechen, meine eigene Freude. „Dein Bild finde ich so schön, dass ich es immer wieder anschauen möchte“.
  • Ich kann Feedback geben und auf sachliche Aspekte hinweisen, die gut gelungen sind. „Man kann richtig sehen, wie sich der Mensch fühlt, den Du da gemalt hast“.
  • Ich kann einfach mein Interesse und meine Anteilnahme vermitteln, ohne in irgendeiner Weise zu werten. Dann kann das Kind sein eigenes Urteil fällen. „An dem Bild hast Du 20 Minuten gearbeitet. Ich habe gesehen, dass Dir das wirklich wichtig war“.

Es gibt bestimmt noch weitere Wege, aber ich lasse es hier mal gut sein.

Beim Schreiben habe ich gemerkt, dass sich für mich als Erwachsene und als Künstlerin eigentlich nicht viel ändert und dass die obigen Gedanken auch für mich weiterhin gelten.

Aussagen wie „Tolles Bild! Super! Großartig!“ wirken irgendwie wie Kartoffelchips. Schmecken lecker, sind gehaltlos, machen süchtig, man kann den Hals nicht voll kriegen. Sie hinterlassen bei mir ein schales, unbefriedigtes Gefühl, weil ich nicht weiß, was dem Anderen denn nun genau gefallen hat. Gleichzeitig blähen sie mir den Kopf und das Ego auf.

Was mir gut gefällt und auch gut tut, sind ehrliche, differenzierte Rückmeldungen zur fachlichen Qualität meiner Bilder. Und da bin ich für hilfreiche Ratschläge zur Verbesserung dankbar und freue mich natürlich zutiefst über Aspekte, die mir richtig gut gelungen sind.

Was mich auch berührt, bewegt und bis ins Innerste erfreut, ist, wenn ich die Gefühle des Anderen sehen kann. Wenn mir jemand aufrichtig seine Freude widerspiegelt, die er beim Anblicken eines meiner Bilder empfindet, ist das für mich ein riesiges Geschenk, dass ich sehr gern annehme und sehr genieße. Denn solche Rückmeldungen sind ganz und gar nicht wie Kartoffelchips. Sie sättigen meine Seele auf eine Art, die mich nicht aufbläht, sondern seltsamerweise eher bescheiden macht. Ich bin dann dankbar, werde aber nicht größenwahnsinnig. Das ist ein sehr schönes Gefühl.

Vor harter Kritik wie auch vor den Lobhudeleien schütze ich mich am besten, in dem ich selbst meine wichtigste Richterin bin und bleibe. Wenn ich mir selbst sicher bin, dass ich gute Arbeit geleistet habe, dass der Weg dahin und auch das Ergebnis selbst für den Moment die einzige Möglichkeit waren; wenn ich weiß, was ich wollte und sehen kann, ob ich es erreicht habe, dann bin ich immun gegen zerstörerische Kritik und gegen kopfverdrehende Lobhudelei. Das finde ich wichtig.

 

At some point last year I wrote something about dealing with critics.
But what about praise?

When I evaluate kindergarten teams, I warn the professionals not to praise the children too often. Especially the many one-word slogans "Super! Great!" do children no good, because they do not refer to what the child has just done, but rather relate to the whole personality. The child shows me his picture - and with "Super!" I then convey to him that he himself is a Super! person. This leads to children wanting to pick up this Super! stamp and make a good impression. And that they are therefore less likely to take on real challenges because they don't want to destroy the good impression. "Super!" praise therefore tends to weaken children rather than strengthen them.

Furthermore, there is often praise for things that are taken for granted. The child throws his handkerchief into the rubbish bin and gets a huge "SUPER!" for it. This gives the child the impression that he or she has done something completely unusual - and thus weakens his or her feeling of self-evident self-efficacy.

So should children not be praised at all? The more I think about it, the more I believe that "praise" is actually not good. But maybe I just have my problems with the word itself. Positive, supportive, strengthening feedback should of course be in any case. But what can that look like?

  • I can express my own touching, my own joy. "I find your picture so beautiful that I want to look at it again and again".
  • I can give feedback and point out factual aspects that turned out well. "You can really see how the person you have painted feels".
  • I can simply convey my interest and sympathy without judging in any way. Then the child can make its own judgement. "You worked on that painting for 20 minutes. I saw that it was really important to you".

I'm sure there are other ways, but I'll leave it here.

In writing this, I realised that not much actually changes for me as an adult and as an artist, and that the above thoughts still apply to me.

Statements like "Great picture! Super! Great!" somehow seem like crisps. They taste delicious, they are insubstantial, they are addictive, you can't get your fill. They leave me with a stale, unsatisfied feeling because I don't know what exactly the other person liked. At the same time, they inflate my head and my ego.

What pleases me and also does me good is honest, differentiated feedback on the professional quality of my pictures. And here I am grateful for helpful advice on how to improve, and of course I am deeply pleased about aspects that have turned out really well for me.

What also touches me, moves me and delights me to the core is when I can see the feelings of the other person. When someone sincerely reflects to me the joy they feel when they look at one of my paintings, that is a huge gift for me that I gladly accept and very much enjoy. Because such feedback is not at all like crisps. They satiate my soul in a way that doesn't inflate me, but rather makes me strangely humble. I am then grateful, but do not become megalomaniac. That is a very nice feeling.

The best way to protect myself from harsh criticism as well as praise is to be and remain my own most important judge. If I am sure myself that I have done a good job, that the way to get there and also the result itself were the only way for the moment; if I know what I wanted and can see if I have achieved it, then I am immune to destructive criticism and to head-spinning adulation. I find that important.

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